Mose gegen Bora: Der Kampf gegen das Hochwasser
Ab einem Wasserstand von 80 cm spricht man in Venedig von Hochwasser, Acqua Alta, und an den tieferen Stellen beginnt das Wasser, über das Ufer zu treten und aus den Gullis zu quellen. Sehr gut kann man das auf dem sehr tief gelegenen Markusplatz beobachten, wo das Wasser aus den Gullideckeln auf den Platz zu strömen beginnt und erst kleine Pfützen bildet und sich dann zusehends zu einem immer größer werdenden See vereint.
Spätestens dann werden nicht nur empfindsame Gemüter auf die bereitgestellten Hochwasserstege getrieben.
Ab 95 cm bekommen die ersten Vaporetto-Linien Probleme bei den niedrigen Brücken. Ab 110 cm sind die Beeinträchtigungen für die Bevölkerung erheblich und ein etwas unheimliches Sirenensignal kündigt das einige Stunden vorher an. Das heftige Hochwasser, das am 12. November 2019 Verwüstungen in Venedig anrichtete, hatte einen Höchststand von 187 cm, nur noch übertroffen vom Jahrhunderthochwasser 1966 mit 194 cm.
Verstärkt wird das Hochwasser gerne durch den Bora, einen der vier Winde Venetiens, ein nass-kalter, angeblich belebender Nordwind.
Der Bora verkürzt die Lebensdauer vieler Schirme drastisch.
Ab einer Höhe von 130 cm haben wir einen Fall für Mose! Das Großprojekt zur Abschottung der kompletten Lagune vom Meer bei zu hohem Hochwasser ging nach diversen Korruptionsskandalen und der üblichen Kostenexplosion mit mehrjähriger Verzögerung schließlich Anfang Oktober 2020 in den erfolgreichen Probebetrieb.
Auch wenn wir einige misstrauische Venezianer mit Gummistiefeln gesehen haben: Mose bewährt sich. Zumindest verhindert es die Überflutung der Stadt. Auf die negativen Folgen für das labile Ökosystem der Lagune wird jedoch von Naturschützern schon lange hingewiesen. Ganz ausgereift ist das Projekt also nicht.
Trotz allem: Zu Szenen wie in den unteren Fotos wird es dank Mose hoffentlich nie mehr kommen.
Über die Autoren
Elisabeth Hoffmann und Karl-Ludwig Heinrich recherchieren seit zwanzig Jahren zu den Roman- und Filmschauplätzen des beliebten Commissario Brunetti und haben bisher vier Bücher dazu veröffentlicht. Mittlerweile sind sie auch auf den Spuren von Kommissar Dupin in der Bretagne unterwegs. Nähere Informationen finden Sie auf www.Krimischauplatz.de. Während ihrer langen Aufenthalte in Venedig haben sie viele Eindrücke über das Leben und den Alltag in der Lagune gewonnen, worüber sie in ihrer Kolumne berichten möchten.
und
Karl-Ludwig Heinrich
auf dem Forte Sant’Andrea