Und noch eine besondere Brücke
Die futuristische Ponte della Costituzione, im Volksmund Ponte dei Caduti (Brücke der Gefallenen) genannt, wurde 2008 nach endlosen Streitigkeiten zwischen Einwohnern und der Stadtregierung als direkte Verbindung zwischen der Piazzale Roma, dem Endpunkt des Straßenverkehrs, und dem Bahnhof mit dem dahinter liegenden Stadtteil Cannaregio fertiggestellt.
Das vom spanischen Star-Architekten Calatrava entworfene Bauwerk befand sich im Kreuzfeuer der Kritik, weil die Bauzeit viel länger und die Kosten bei weitem höher als geplant ausgefallen waren. Vor allem aber ärgerte sich die Bevölkerung über die offensichtlichen Mängel des Bauwerks. Für den Gepäck- und Warentransport, sowie die zahllosen am Bahnhof und am Busbahnhof ankommenden Reisenden mit ihren Rollkoffern bilden die Stufen der Bogenbrücke ein unnötiges Hindernis.
Die Rollstuhlfahrer wurden bei der Konstruktion komplett vergessen, so dass die Stadt für sie mit großem Aufwand nachträglich eine seitlich entlanglaufende Kapsel angebracht hat, die allerdings nie in Anspruch genommen wurde: Falls sie nicht – wie meistens – defekt war, musste man die Benutzung der Kapsel einen Tag zuvor bei der Stadtverwaltung anmelden.
Einige Jahre später wurde die Kapsel schließlich ohne viel Aufsehen wieder abgebaut und auch das ständige Auswechseln der zersplitterten Glasstufen weitgehend aufgegeben. Das „Meisterstück“ ist als opera inutile, unsinniges Bauwerk, bereits jetzt in die Geschichte eingegangen. Bei Regen oder Schnee wurde die Brücke immer wieder aufgrund der erhöhten Unfallgefahr auf den glatten, schlecht unterscheidbaren Glasstufen gesperrt, was ihr den Namen „Brücke der Gefallenen“ eingebracht hat.
Stand Januar 2023: Es gibt nun Planungen, die Brücke umfassend zu restaurieren und für eine halbe Million Euro alle Glasplatten durch Steinplatten zu ersetzen.
Über die Autoren
Elisabeth Hoffmann und Karl-Ludwig Heinrich recherchieren seit zwanzig Jahren zu den Roman- und Filmschauplätzen des beliebten Commissario Brunetti und haben bisher vier Bücher dazu veröffentlicht. Mittlerweile sind sie auch auf den Spuren von Kommissar Dupin in der Bretagne unterwegs. Nähere Informationen finden Sie auf www.Krimischauplatz.de. Während ihrer langen Aufenthalte in Venedig haben sie viele Eindrücke über das Leben und den Alltag in der Lagune gewonnen, worüber sie in ihrer Kolumne berichten möchten.