Kleine Straßenkunde: Salizada und Rio Terà
Die meisten Straßen in Venedig heißen calle mit nur sehr wenigen Ausnahmen (die breiten Strada Nova und Via Garibaldi), die Plätze campo (deutsch eigentlich „Feld“, die meisten campi sind rechteckig wie Felder) mit Ausnahme der Piazza di S. Marco, die meisten Kanäle rio („Bach“) mit Ausnahme der breiten canali wie zum Beispiel der Canale di Cannaregio und natürlich der Canal Grande. Ab und zu trifft man aber auch auf eine Salizada oder einen Rio Terà.
Die salizade (vom italienischen selce, „Pflasterstein“) sind historisch die wichtigen Geschäftsstraßen. Sie wurden als erste gepflastert und somit wetterfest gemacht.
Der rio terà (vom italienischen interrata, mit Erde gefüllt) war ursprünglich ein rio, der dann später zugeschüttet oder komplett überbaut und so zu einer Gasse gemacht wurde. Die meisten rii terà entstanden unter der Herrschaft der Österreicher im 19. Jahrhundert.
In manchen Gassen und Plätzen kann man noch heute den ursprünglichen Verlauf eines rio erkennen, dessen Ufer als zwei parallele weiße Linien auf dem Pflaster markiert ist, so etwa auch in der Via Garibaldi.
Bisweilen ging den Venezianiern wohl die Fantasie aus, und sie beschrieben nur, wohin die Gasse führt. Zum Beispiel gibt es nahe dem Campo di S. Maria Formosa die kleine „Calle va in campo„, „Gasse, die zum Platz führt“ oder nahe der Chiesa S. Stae die „Calle va al forno„, „Gasse, die zum Ofen führt“.
Namen, die von italienischen Behörden „italianisiert“ wurden, werden auch gerne in nächtlichen Aktionen wieder ins Venezianische „rückgeführt“.
Über die Autoren
Elisabeth Hoffmann und Karl-Ludwig Heinrich recherchieren seit zwanzig Jahren zu den Roman- und Filmschauplätzen des beliebten Commissario Brunetti und haben bisher vier Bücher dazu veröffentlicht. Mittlerweile sind sie auch auf den Spuren von Kommissar Dupin in der Bretagne unterwegs. Nähere Informationen finden Sie auf www.Krimischauplatz.de. Während ihrer langen Aufenthalte in Venedig haben sie viele Eindrücke über das Leben und den Alltag in der Lagune gewonnen, worüber sie in ihrer Kolumne berichten möchten.